Momentan können wir in den Medien diverse Jahresrückblicke auf Politik, Kultur, Sport und Promileben verfolgen. Wenn das alte Jahr geht, schauen wir auf das Vergangene und fragen uns, was wir erlebt haben und was wir daraus schlussfolgern. Viele Menschen nehmen sich an Silvester etwas vor für das neue Jahr. Das sind dann Dinge, mit denen wir unzufrieden sind oder Dinge, nach denen wir schon lange streben. Fragen Sie sich dann auch, wie Sie Ihr Leben weiterhin gestalten wollen? Was Ihrem Leben Sinn geben könnte oder es bereits tut?
Die Suche nach dem Sinn des Lebens
Die Suche nach dem Sinn des Lebens ist eine der potenziellen Bewältigungsstrategien der meisten Menschen. Damit suchen wir zu verkraften, dass wir sterben müssen. Greenberg et al. (2009) formulierten mit ihrer Terror Management Theorie, dass das Begreifen unserer eigenen Unvergänglichkeit und der Tatsache, dass der Tod unumgänglich ist, maximale Furcht auslösen. Die Suche nach Lebenssinn dient als Puffer gegen diesen Schrecken.
Lebenssinn ist die Bedeutung der eigenen Existenz sowie die Überzeugung, dass das Leben einen tieferen Sinn hat, einer Ordnung folgt. Im religiösen Sinne steckt darin auch das Annehmen gesellschaftlicher Werte und Normen mit dem Glauben, ein Leben nach dem Tod verdient zu haben.
Als Individuum wichtig und bedeutend zu sein, findet sich in unserem Selbstgefühl wieder. Wir streben generell danach, unseren Selbstwert als positiv zu erleben, uns mit uns gut zu fühlen, mit uns zufrieden zu sein. Hier verbinden sich Selbstwertgefühl und die Suche nach dem Sinn des Lebens. Fühlt sich das, was ich tue, das was ich erfahre, sinnhaft an, wirkt sich das auch positiv auf mein Selbstwertgefühl aus. Es geht uns besser, wenn wir Sinn in unserem Leben erfahren. Selbst schlimmste Lebenstragödien lassen sich für uns besser aushalten, wenn wir einen Sinn erkennen, in dem was passiert oder in dem, was wir tun können.
Das Heil unseres Lebens beruht darin, dass wir das Wesen jeder
einzelnen Sache zu durchschauen suchen, worin ihre Substanz
besteht, was sie verursachte. Von ganzer Seele das Rechte zu
tun und wahrhaftig zu sprechen, was bleibt sonst noch, als das
Leben zu genießen, indem man ein gutes Tun an das andere
knüpft, so dass auch nicht der kleinste Zwischenraum bleibt?
– Marc Aurel
Menschen mit einer depressiven Erkrankung erleben neben weiteren quälenden Erscheinungen dieser Erkrankung, wie es sich anfühlt, wenn der Sinn verloren gegangen scheint. Universitätsprofessor Joachim Bauer nennt die Depression daher auch „Sinnmangelerkrankung“. Wir schlimm sich das anfühlt, erleben derzeit etwa 10 Prozent der Deutschen.
Was stiftet uns Lebenssinn?
Was können wir tun, um unseren Bedarf an Sinn zu stillen?
Freilich haben Sie dazu Ihre individuellen Ansichten. Die psychologische Forschung zeigt, dass die Arbeit, die wir ausüben, die Tätigkeit, der wir nachgehen, dabei eine wichtige Funktion erfüllt. Vermutlich gibt es den perfekten Arbeitsplatz nicht, oder? Wir alle sind verschieden. Wir haben unterschiedliche Ansichten, Wünsche, Fähigkeiten, Erfahrungen und im Laufe unseres Lebens entwickeln wir uns und formulieren neue Ansprüche an unsere Tätigkeit, den Arbeitsplatz, die Kollegen. Allein die Tatsache, dass wir arbeiten, wirkt sich schon positiv auf unser psychisches Erleben aus. Das SOEP des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ermittelte in Deutschland eklatante Unterschiede des Erlebens von Glück und Zufriedenheit zwischen erwerbstätigen und erwerbslosen Menschen.
Glück, Zufriedenheit und Sinn sind verschiedene psychologische Konstrukte. Sie wirken aufeinander ein. Wenn wir in unserer Tätigkeit aufgehen, weil wir sie als sinnvoll erleben, ertragen wir negative Kontextfaktoren, sind in der Lage, selbst schwierigste Bedingungen abzupuffern. Dann wirkt sich Sinn positiv auf Zufriedenheit aus. Wir dürfen uns daher fragen: Wozu ist das, was ich tue, gut? Wem nützt es? Wen unterstütze ich dabei? Wie kann ich in meinem Arbeitsverhalten noch unterstützender sein? Wem bin ich dankbar?
Was ist sinnvoll?
Einer der Gründerväter der humanistischen Psychologie Abraham Maslow sah Sinn als eine intrinsische, menschliche Qualität und zeigte mit seiner Bedürfnishierarchie, wie sich das Suchen nach Sinn über die basalen Bedürfnisse des Menschen erhebt.
Jeder Mensch wählt seine Sinnkonzepte. Am besten geht es uns, wenn unsere Sinnkonzepte unserer inneren, psychischen Natur entsprechen. Dann passt das, was wir uns vornehmen und wonach wir streben tatsächlich zu uns und wir können uns selbst verwirklichen.
Wir dürfen also inne halten und uns fragen:
Was entspricht mir? Warum tue ich gewisse Dinge und andere nicht? Und möchte ich Dinge, die mir nicht entsprechen, weiterhin tun oder etwas daran ändern?
Wie Sie lesen, übernehmen wir hier Verantwortung für uns, üben Kontrolle aus. Das Erleben von Kontrolle und Orientierung wirkt sich ebenfalls positiv auf unser Selbstwertgefühl und Lebenssinn aus.
Vielleicht könnten daher weitere Fragen an uns selbst zum Jahreswechsel sein:
Was ist für mich ein lebenswertes, sinnhaftes Leben? Und was kann ich auf dem Weg zu diesem Ideal (für mich und/der andere) tun?
Wir wünschen Ihnen ein gutes, glückliches, erfolgreiches, besinnliches und gesundes neues Jahr!
Literatur:
Aurel, M. Wege zu sich selbst, herausgegeben von Rainer Nick (1998). Wissenschaftliche Buchgemeinschaft: Darmstadt
Bauer, J. (2009). Depression – die Krankheit mit dem Mangel an Sinn. https://www.welt.de/gesundheit/article5562551/Depression-die-Krankheit-mit-dem-Mangel-an-Sinn.html
Greenberg, J., Landau, M., Kosloff, S. & Solomon, S. (2009). How our dreams of death transcendence breed prejudice, stereotyping, and conflict: Terror management theory. In T. D. Nelson (Ed.), Handbook of prejudice, stereotyping, and discrimination (pp. 309–332). New York: Psychology Press.
Maslow, A. (19439. A Theory of Human Motivation. Psychological Review, 1943, Vol. 50 (4), 370–396.
SOEP – Sozio-oekonomisches Panel, 2011, Daten der Jahre 1984–2010, Version 27, Berlin